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Die Nächte vor Shivaratri

view from Hohenstaufen

Weil Sai Baba, die göttliche vedische Mutter, mir in ihrer wesenhaften Unergründlichkeit erklärt hatte, dass ich mich in den Niederungen derer tummelte, die ihr Leben mit leerem Geschwätz vergeuden, anstatt mich auf den Himalayapfad zu den Lotusfüßen des Gauri Shankar hinaufzubegeben, wollte ich ihr wenigstens etwas entgegenkommen und machte mich trotz Eiseskälte auf den Weg und fuhr zu den Dreikaiserbergen.

Bis zum Himalaya war es mir einfach zu weit, um zur Einsicht zu erwachen und zur Weisheit zu reifen.

Als ich die Serpentinen zum Hohenstaufen emporfuhr, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen, als ich Shivas Gestalt zwischen den Zweigen wahrnahm. Ich erkannte ihn sofort an seiner Schönheit.

Ich hielt kurz an, um die wunderschöne Aussicht vom Hohenstaufen zu genießen. und wanderte dann weiter bis zum Gipfel.

Im Gebüsch wisperten die Naturgeister, dass Er zu den heiligen Nächten vor Shivaratri, dem Neumondfest, vom Kailash hierher zu uns herabgestiegen sei.

Immer wieder zeigt Shiva sich in seiner wandelbaren Gestalt, wenn er in der vierzehnten Nacht der dunklen Hälfte des Monats im Kali- Yuga, dem jetzigen Zeitalter, über die Erde geht und dabei wunderschöne Schneekristalle herab rieseln lässt oder als der tanzende Shiva Nataraja, das energiegeladene Universum symbolisch verkörpert.

Ich ließ mich in meiner Meditation davontragen und so durfte ich seinen erhebenden Anblick meinem Herzen einprägen.

Während Gott Brahma und der lotusnablige Gott der Schöpfung Vishnu sich stritten wer der Höchste von ihnen sei, erschien eine Feuersäule in Form eines Lingams vor ihnen, aus der Shiva, heraustrat und sprach:

„Wer in Zukunft fastet, Nachtwache hält und mich verehrt, wird von allen Sünden befreit und erlöst werden“.

Shiva befindet sich in jedem Lingam und wenn diese Phallus-Symbole mit Glauben und Verehrung erfüllt und zum Leben erweckt werden, nimmt Shiva die Sünden der Menschen hinweg.
Von überall her konnte ich aus Abhayaranyam, dem Wald in dem es keine Furcht gibt, die himmlische Harmonie in Form von wundersamen Mantren klingen hören, die mit jedem Atemzug Ananda (Glückseligkeit) gewährten.

Wer Shiva in dieser Nacht mit Mantren verehrt, wird von seinen Sünden befreit:

Viele Spaziergänger tummelten sich auf den rutschigen Wegen. Sie waren so stark von seiner gewaltigen Energie angezogen worden, dass manche nicht einmal Zeit hatten ihre Sonntagslackschuhe gegen rutschfeste Wanderschuhe auszuwechseln. So wären sie die steilen schneebedeckten Abhänge hinab gerutscht, wenn sie nicht ihren unsteten Geist, den monkey mind, an seine göttlichen Lotusfüßen hätten heften können.

So hatten die Naturgeister jede Menge Spaß mit ihnen, so dass Freude in ihren Herzen aufwallten konnte.

Iftar, das Fastenbrechen

Wie es mir der Prophet aufgetragen hat, stand ich schon lange vor Sonnenaufgang auf, um mich für den Fastentag ausreichend zu stärken. Aber mein Magen weigert sich etwas anzunehmen.

Also schlief ich weiter, bis mich kurz vor dem ersten Sonnenstrahl mein Allahwecker für mein rituelles Morgengebet, mit dem rituellen islamischen Ruf zum Gebet, dem Azan, aus dem Schlaf riss:

Azanwecker

Hier habe ich ein lieblicheres Azan aus Jerusalem hereingebastelt , weil ich befürchte, dass mein kaputter Azanwecker bei einigen einen Hörsturz verursachen könnte.

Ich goss also schnell noch meine Blumen mit den darin schlafenden Elfen und trank einen Liter Tee, damit wir am Tage nicht vertrocknen würden.

Zum Glück war es an diesem Julitag so heiß, dass ich sowieso keinen Hunger hatte. Aber mein Durst war unbeschreiblich. Mein Kopf schmerzte, die Lippen wurden rissig. Gut, dass der Prophet Labello nicht verboten hat!

Aber ich wollte ja auch die Barmherzigkeit Gottes, die alles umschließt, wiederentdecken und mich ihm nähern, indem ich Körper und Seele reinigte und für seine Gaben dankte.

Alle meine Sünden sollten mir nun vergeben werden, sogar ohne Beichte! Mir wurde besonders bewusst, welchen Wert die Nahrung für die Menschen hat.

Mein Ego begann im Angesichte Allahs, von dessen Güte ich abhänge, zu schrumpfen. Ich wurde zufriedener und ausgeglichener, auch weil ich im heiligen Monat Ramadan weder streiten noch Zwietracht säen darf, sondern möglichst viele gute Taten vollbringen soll.

In den Emiraten darf bis auf die traditionelle arabische Laute während des Ramadan nicht mal Musik gespielt werden. Also schaltete ich schnell das Laudate aus und legte eine CD mit erlaubter Musik ein.

Abends beobachte wie sich die Sonne zum Horizont senkte. Nun durfte ich mich, dank der Erlaubnis des Propheten, auf das Fastenbrechen freuen, das ich mit meinen Freundinnen verbringen würde.

Ich wusch mich von oben bis unten und kleidete mich züchtig, wie es erwartet wird. Statt mir Henna auf meine Hände zu malen, lackierte ich mir nur die Fingernägel.

Bei meiner Ankunft winken mir einige meiner türkischen Freundinnen schon von Weitem zu, während andere die Schüsseln mit den Speisen vorbereiten.

Eine Weile erzählte uns die Imamin etwas über den Ramadan. Das Zuckerfest ist der erste Tag, der mit der Sichtung des Neumondes beginnt und es beendet den Ramadan. Sogar die Kinder lauschten andächtig und warteten geduldig bis zum üppigen Essen.

Wir haben das Fasten schließlich zum Wohlgefallen Gottes durchgeführt und nicht um unsere Bäuche schrumpfen zu lassen. Auch wollten wir unsere wilde Seelen mit dem Entzug von Nahrung und Wasser zu zügeln, damit sie so gezähmt sind, dass sie beim Eintritt unseres Todes auch brav den Körper verlassen.

Natürlich winken auch für all die Mühen die multifachen Belohnungen.

Der Ramadan wird nach dem Mondkalender gefeiert und findet deswegen jedes Jahr 10 Tage früher als im vorigen Jahr statt. Weil der Engel Gabriel die 1. Offenbarung des Korans in der Zeit des Ramadan brachte, wird in den letzten 10 Tagen vor diesem Tag noch mehr im Koran gelesen.

So wie der Prophet Mohamed lesen viele während des Fastenmonats den ganzen Koran und besuchen sich gegenseitig. Manche teilen sich das Lesen des Korans auch auf, so dass nicht jeder so viel lesen muss.

Das Terawih- Gebet wird im heiligen Monat Ramadan zusätzlich in Verbindung mit dem Nachtgebet verrichtet.

So kann man noch mehr Verdienste ansammeln um von Allah belohnt zu werden. Aber ich kultivierte lieber die Tugend der Genügsamkeit.

Sobald die Dämmerung anbrach und das tägliche Fasten beendete, griffen alle zu und redeten durcheinander. So ein Festessen gab es schon lange nicht mehr.

Ich begann das Fastenbrechen mit einer mit einer Walnuss gefüllten Dattel und einem riesigen Schluck Wasser und betete:

“O Allah, um Deinetwillen habe ich gefastet und an Dich geglaubt und mit Deiner Versorgung breche ich das Fasten. Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen, des Gnädigen”.

Danach fiel ich über die restlichen Datteln her und habe mir keine Gedanken mehr gemacht, ob es eine gerade oder ungerade Anzahl war. Hauptsache die Datteln vor dem Gebet sind ungerade. Zum Glück gab es genug davon, so dass die anderen auch noch welche essen konnten.

Endlich durfte ich trinken. Das Wasser, das von Gott kommt, schmeckte mir so köstlich wie der Nektar des Paradieses.

Nun feierten wir unsere Verbundenheit und freuten uns, dass wir den Ramadan erleben konnten. Er ist ein Neuanfang zur Heilung und zum Wiederentdecken des Göttlichen.

Götter und Dämonen im Tempel

Während eines Tempelbesuches in Südindien stürmten plötzlich hunderte von Menschen hintereinander in den Tempel und rannten an uns vorbei zum Sancto Sanctorum.

Anfangs erschrak ich sehr über die hüpfenden und kreischenden Menschen, die sich in Trance befanden, weil ich durch mein für dortige Verhältnisse auffälliges extraterrestrisches Aussehen befürchtete, sie könnten mich ins Visier nehmen und auf mich losgehen, so wie einige Straßenhunde es später auch taten.

Aber dann siegte die Neugier und ich schaute sie mir genauer an. Sie nahmen weder mich noch sonst jemanden aus der Umgebung wahr, sondern waren ganz und gar mit ihrem inneren Kampf beschäftigt. Ihre Augen waren sogar geschlossen. Wenn nicht mehrere Helfer sie vor sich selbst geschützt hätten, hätten sie sich bestimmt selbst verletzt.

Auch ich schloss meine Augen um mitzufühlen, was in ihnen vorging. Ich nahm die fremdartigen und unheimlichen Wesen wohl wahr, merkte aber zu meiner Erleichterung, dass ich ihnen egal war und dass sie auch nicht in mich eindringen wollten. Aber Götter waren das auch keine, wohl eher Dämonen.

Die Verwandlung in der Trance:
Die Menschen im Tempel, die sich im Trancezustand befanden, schienen nicht mehr Besitzer ihres eigenen Körpers zu sein. Ihr Gesichtsausdruck war erschreckend und ihr Blick war nach innen gerichtet. Ihre Stimmen klangen wie Tierstimmen und sie torkelten so stark, dass sie auf ihrem Weg durch den Tempel geführt werden mussten. Etwas war in sie gefahren. Sie waren von Geistern, Dämonen oder Göttern besessen, so dass sie eine radikale Veränderung erfuhren, je nachdem, welches Wesen in sie hineingefahren war. Manche hüpften steif auf und ab, andere kreischten und wieder andere rannten im Kreis herum oder sprangen vor und zurück. Einige wollten sich überhaupt nicht vorwärts bewegen.

Freiwillig gingen sie zu den Priestern, um sich von den Göttern im Tempel heilen zu lassen, um die Götter in sich selbst ekstatisch zu erleben und gesund zu werden.

Im religiösen Ritual lädt der Gläubige das körperlose Wesen zu sich in seinen Körper ein um nach seinem Belieben mit ihm zu verfahren. Die Energie, die vom Gläubigen durch Krankheit ihren Ausdruck fand, kann durch ein anderes Wesen, egal ob Dämon oder Gott, ganz anders umgesetzt werden.

In der Ekstase verändert sich das Bewusstsein und man kann mit den Göttern in Kontakt treten.
Manche Menschen bereiten sich auf die Heilung im Tempel durch Fasten und durch eine körperliche Reinigung vor. Auch Weihrauch und andere aromatische Kräuter, die verbrannt werden, tragen zu einer Trance bei.

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Durch rhythmisches Stampfen und Tanzschritte, sowie Mantrengesänge oder Trommeln werden die Gehirnwellen verändert. Ganz wild und ungebändigt manifestieren sich die göttlichen Energien in den einzelnen Körperteilen und sind kaum beherrschbar. Die Gläubigen zittern, wirken verkrampft oder ängstlich und werden manchmal auch ohnmächtig. Meistens können sie sich jedoch zumindest auf den Beinen halten, so dass sie wohl doch noch etwas von der Außenwelt wahrnehmen.

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Es gab aber auch andere, die nicht hüpften und schrieen. Diese hatten rostige Drähte durch ihre Backen gezogen oder hingen mit ihrer Haut an Haken, so dass es einem nur vom Hinschauen weh tat.

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Ich hätte sie gerne gefragt, was ihre Götter davon haben, wenn sie ihren Körper so quälen. Aber sie nahmen mich gar nicht wahr.

Wenn die Menschen dann aus ihrer Trance aufwachen, sind sie freudig oder gar euphorisch gestimmt und ihre Energien fließen harmonisch. Auch sehnen sie sich nach diesem Zustand zurück, in dem sie mit der heiligen Realität in Kontakt waren.

Irgendwie finde ich diese Art von Heilung durch Dämonen gruselig, genauso wie die Heilung von Hautkrankheiten durch Knabberfische, die auch in Südindien praktiziert wird.